Gedankenkunst | von Bettina Kohlen in a3Kultur | 21.3.2024
Die sanft-präzise Kunst des in Augsburg arbeitenden Daniel Man ist zurzeit im Projektraum augsburg contemporary zu Gast. Zwei große Gemälde, zwei kleinere Papiercollagen, miteinander und dem Raum in Beziehung gesetzt durch genau austarierte farbige Spuren auf Wand und Decke: Der in Augsburg arbeitende Daniel Man inszeniert in der kleinen anspruchsvollen Galerie klar und konzentriert »between thoughts«. Mans Kunst schöpft aus verschiedenen Traditionen und Erfahrungen. Der in London geborene Künstler, der an den Akademien in Braunschweig und München studiert hat, bringt seine Erfahrungen als Grafitti-Künstler ebenso ein wie die Kultur seiner chinesischen Wurzeln. In seinen Arbeiten kondensiert sich Mans künstlerisches Vorgehen, das neben klassischer Malerei und Papierschnitt auch den Umgang mit der Sprühdose umfasst. In Mans sanftfarbiger Kunst reiben sich klar begrenzte Farbfelder an diffuse Farbwolken. Im Kontrast von hSarf/unscharf entstehen so Überlagerungen. Zugleich entsteht aber auch eine abstrakte räumliche Tiefe. Ohne vorhergehende Entwurfsskizzen und Planung zeichnet, malt und sprüht Man zartfarbig auf der Leinwand, lässt sich vom Moment und seinen Gedanken leiten, Detail an Detail fügen, pausieren – irgendwann ist der Punkt erreicht, an dem die Arbeit beendet werden kann. So wird auch der Entstehungsprozess selbst Teil der Kunst.
Sebastian Kurz in der Augsburger Allgemeine vom 25.1.2024
"augsburg contemporary" verändert sich | Bettina Kohlen | a3Kultur vom 24.12.2023
Andreas Stucken im Interview zu "Art X Augsburg" | 27.9.2023 | a3Kultur
"Ganz zauberhaft!" | Von Bettina Kohlen | 6.9.2023 | a3Kultur
Das Kunst-Netzwerkprojekt Art X Augsburg präsentiert Arbeiten von Anja Güthoff und Reiner Heidorn
Bis zum Jahresende wird der Projektraum augsburg contemporary in der Bergstraße im Monatstakt von wechselnden Akteur*innen mit künstlerischem Leben gefüllt – das Netzwerkprojekt Art X Augsburg macht es möglich. Jeweils eine Institution und dazu die gastgebende Zweigstelle Berlin laden je eine*n Künstler*in ein. Für »air from another planet«, die vierte Auflage des Netzwerkprojektes, hat die Ecke Galerie die Objektkünstlerin Anja Güthoff gebeten, ihr Ausstellungspartner ist als Gast der Zweigstelle Berlin der Maler Reiner Heidorn.
Der Blick in den kleinen Ausstellungsraum versetzt die Besucher*in dieses Mal in ein entrücktes Setting. Reiner Heidorn, der in seiner Arbeit die Entfremdung des Menschen von der Natur thematisiert, inszeniert einen grünblau schimmernden Märchenwald mit Bäumen, Früchten und Zauberwesen, indem er Leinwand-Malerei mit bemalten Langspielplatten und Zweigen zusammenbringt. Sogkraft entwickelt vor allem der große, die Rückwand des Raumes einnehmende »dream of the white trees«. Zwischen hellen Baumstämmen blicken eine dunkelhaarige kleine Mangafigur mit Alienaugen und ihr Begleiter, ein milchweißes geisterhaftes Wesen – irgendwas zwischen Katze und Teddybär – hervor. Heidorn nutzt eine spezielle Maltechnik, Dissolutio genannt, deren bläschenartige Sprenkel die Situation sachte verschleiern. Der zunächst freundlich erstaunt scheinende Ausdruck des Tierwesens lässt bei längerer Betrachtung Zweifel, an dessen Harmlosigkeit aufkommen, das Manga-Mädchen hingegen irritiert von Beginn an. Aus dieser Unklarheit der Situation, aus der Verbindung von Waldschönheit und latenter Bedrohung erwächst ein bestimmender Reiz …
Heidorns raumgreifende Waldgeister kontert Anja Güthoff mit minutiös gestalteten Preziosen. Güthoff verfügt über die Gabe, im Alltäglichen, im unbedeutendsten Gegenstand etwas von Bedeutung zu sehen. Ihre hier gezeigten kleinteiligen Assemblagen erweisen sich als vielgestaltige Bühnen auf engstem Raum. Neben einem Tafelaufsatz – als Objekt und Malerei präsent – und der souveränen Windsbraut nehmen vor allem die visuellen Geschichten ein, die sie wie Klosterarbeiten unter Glasstürzen konserviert. Aus Natürlichem und Hergestelltem, Gefundenem und Gesammelten komponiert die Künstlerin mit barocker Inszenierungsfreude Erzählungen, in denen Plastikfigürchen, Zweige oder Seeigelskelette auf das wunderbarste zusammenfinden. Manchmal skurril, immer poetisch zeigen diese kleinen Reliquiare auch, wie sicher Güthoff Raum und Balance beherrscht: die reine Freude.
Die konzentrierte Schau der beiden Künstler*innen entwickelt im Zusammenspiel der Arbeiten einen magisch märchenhaften Sog, der sich schon beim Blick durch das altmodisch schöne Schaufenster erschließt. Galerist Andreas Stucken befand: »zauberhaft!«. Dem ist nichts hinzuzufügen …
Für die anschließende fünfte Ausstellung des Projektes (17. September bis 14. Oktober) hat die maxgalerie den Bildhauer Manuel Frattini eingeladen. Seine Schau-Partnerin wird, als Gast der Zweigstelle Berlin, die Malerin Angela Stauber sein. Ein schönes Plus des Formats: Die persönliche Atmosphäre der Eröffnungen (erster Ausstellungstag 11 Uhr) ist wie geschaffen für anregende Gespräche mit den Künstler*innen.
"Eine andere Welt auf kleinem Raum" | Von Manfred Engelhardt | 26.8.2023 | Augsburger Allgemeine
"Lineare Raumbeherrschung" | Von Bettina Kohlen | 26.7.2023 | a3Kultur
"Auf dem Weg zu ständiger Galeristen-Kooperation" | Von Rüdiger Heinze | 13.5.2023 | Augsburger Allgemeine
"Im Kunstraum "augsburg contemporary" führt Andreas Stucken die Künstler unterschiedlicher Galeristen-"Ställe" zusammen. Ihm schwebt dabei ein großes Fernziel vor.
In mancher deutschen Großstadt arbeiten Galerien und Ausstellungshäuser hinsichtlich ihres Angebots Hand in Hand. In Berlin, Köln, Frankfurt, München gibt es etwa gemeinschaftliche Publikationen/Faltpläne, auf denen vermerkt ist, was wann wo zu sehen ist – oder, oft zum Start nach der Sommerpause, ein gemeinsames Kunst-Wochenende, an dem geballt neue Ausstellungen eröffnet werden. Vielfalt, Konkurrenz, Gleichzeitigkeit, Festivalcharakter beleben Betrachtung und Geschäft. Dass dies auch in Augsburg so sein möge, dafür ist jetzt der Aichacher Galerist Andreas Stucken mit einem ersten Schritt angetreten.
Im Wunsch auf ein lokales, kleinregionales Netzwerk initiierte er, der von 2001 bis 2011 auch den Aichacher Kunstverein leitete, unter dem Titel Art X Augsburg eine Aktion, bei der bis Dezember im eingeführten Gögginger Kunstraum "augsburg contemporary" (Bergstraße 11) die zeitgenössischen Künstler anderer Galerien auf Künstler seiner (Internet-)Galerie namens "Zweigstelle Berlin" treffen. Beteiligt an der Kooperation sind: Kunstverein Augsburg, BBK Augsburg, Künstlervereinigung Ecke, Fotodiskurs Göggingen maxgalerie, Kunstraum Leitershofen sowie die Sammlung Finstral/Derching. Sie alle werden Künstler entsenden. Andreas Stuckens Hoffnung zielt aber auf mehr: dass sich künftig auch das Augsburger Zentrum für Gegenwartskunst H2, die Galerie Noah und die Galerie Brenner beteiligen mögen und diese erweiterte Kooperation dann ein ständiges Netzwerk ergibt.
Zu sehen sind rätselvolle, stark gerasterte Foto-Ausdrucke
Den Auftakt der seitens der Stadt Augsburg finanziell unterstützten Aktion Art X Augsburg machten jetzt in "augsburg contemporary" Göggingen die Künstler Johannes Franzen (eingebracht von Christof Rehm/Fotodiskurs) und Florian Ecker, den Andreas Stucken als einen Künstler seiner (Internet-)Galerie "Zweigstelle Berlin" dazu gesellte. Um die 450 Arbeiten sind dabei in der kleinen Galerie zu sehen, und 432 davon stammen von Johannes Franzen, 1967 in Alf (Rheinland-Pfalz) geboren. Sie zeigen rätselvolle, stark gerasterte Foto-Ausdrucke (64 mal 64 Pixel auf etwa zehn mal zehn Zentimeter Bildfläche). Was dabei mehr oder weniger genau zu sehen sein könnte, obliegt zunächst allein dem Auge der Betrachter – samt angeschlossenem Hirn.
Diese 432 Foto-Ausdrucke sind so brisant wie in einem positiven Sinne spektakulär. Sie zeigen die Versuche eines Bildgenerators, also einer Form künstlicher Intelligenz, ein Motiv zu erzeugen, das – als ein (anscheinend) echtes Foto – akzeptiert wird von einem Diskriminator, der auf Basis einer gespeicherten großen Foto-Datenmenge darauf spezialisiert und trainiert ist, gefälschte Fotos von echten zu unterscheiden. Zwei KI-Programme treten also wie Schachspieler gegeneinander an; ein jedes will sein Gegenüber immer ausgefeilter bezwingen. Ein künstlich generiertes Bild, das im Menschenauge als möglicherweise echtes Foto eines bekannten Motivs durchgehen könnte, enthält das Projekt mit 432 Ausdrucken nicht (allein schon wegen der starken Rasterung), indessen ist es fesselnd, die Auswürfe einer kontrolliert-lernenden Maschine zu betrachten, die sich praktisch einen Weg von einem abstrakt-monochromen Nullpunkt zu einer (Fake-)Gegenständlichkeit sucht. Die Faszination des Auges wird freilich begleitet vom flauen Gefühl, wohin uns die bislang ungeregelte KI-Entwicklung führen wird ...
Dazu zeigt bis 27. Mai in "augsburg contemporary" der Bildhauer Florian Ecker (*1977, Erding) rund zwei Dutzend Bodenskulpturen: Eingefärbte Carrara-Marmorscheiben, deren Ränder von Profilschnitten inspiriert sind, ergeben ein flaches Puzzle, ein skulpturales Bild.
"Reihenweise Kunst in der Bergstraße" | Von Bettina Kohlen | 10.5.2023 | a3Kultur
Im Projektraum augsburg contemporary in der Bergstraße wurde die erste von sieben geplanten Ausstellungen des Netzwerkprojekts Art X Augsburg eröffnet. Zum Auftakt haben Christof Rehm (Fotodiskurs) und Andreas Stucken (Zweigstelle Berlin) den Fotokünstler Johannes Franzen und den Bildhauer Florian Ecker gebeten, den kleinen Raum mit dem großen Fenster zu bespielen.
Johannes Franzen, Meisterschüler von Peter Kubelka, setzt sich mit künstlicher Intelligenz auseinander, das heißt, er nützt selbstlernende Generatoren, um Bilder zu erzeugen. Doch Franzen unterläuft den maschinellen Prozess: Er gibt keine Kategorien vor, hält so die KI quasi dumm. Die zahllosen befremdlichen bildlichen Ergebnisse fasst Franzen hier zu zwei wandfüllenden Tableaus zusammen, ein Mosaik quadratischer pixelig bunter Fotos. Doch was ist da zu sehen? Der Versuch der Einordnung scheitert. Das einzelne Bild entzieht sich einer Deutung, lediglich Varianten eines Motivs, die sich immer wieder finden lassen, sorgen für Erkennen. Dieses merkwürdig anrührende Bemühen der KI, zu gefallen, führt zu ihrem Scheitern. Franzen führt uns hier vor, wie überraschend nah sich Mensch und Maschine sein können. Welche Folgen dies hat, steht auf einem ganz anderen Blatt …
Florian Ecker, Meisterschüler von Olaf Nicolai, arbeitet immer wieder mit Marmor, dem klassisches Bildhauermaterial. Für die hier gezeigte Arbeit untersucht er den bildlichen Aspekt der Skulptur, indem er dünne Marmorplatten, zugeschnitten mit Kanten und Kurven, wie Teile eines Puzzles auf dem Boden auslegt. Die Oberfläche der Platten, eigentlich ihre raue Unterseite, färbt er verschiedenfarbig ein, sodass zunächst die Materialität des Marmors kaschiert scheint. Da die Farbe aber in den empfindlich reagierenden Stein einzieht und ihn so direkt verändert, erweist sich die marmorne Flachware nicht als reiner Bildträger. Ecker verwischt hier die Grenzen von Bild und Skulptur, verweist aber auch auf die antike Praxis, Marmorstatuen farbig »anzuziehen«, denn diese waren ursprünglich nicht weiß, sondern leuchtend bunt.
Auf sehr unterschiedlichen Wegen untersuchen die beiden Künstler die Frage nach dem Wesen des Bildes, Vergangenheit und Zukunft treffen aufeinander, es entsteht eine vibrierende Spannung. Überzeugend! »latent|Bild|skulpural« läuft bis zum 27. Mai, geöffnet Freitag und Samstag von 14 bis 17 Uhr und nach Vereinbarung. Am 4. Juni geht es dann in die zweite Runde mit Arbeiten von Herbert X. Maier und Thomas Wunsch, kuratiert vom Kunstraum am Pfarrhof Leitershofen und der Zweigstelle Berlin.
Wie schön wäre es, wenn das Projekt sich, wie es Kulturreferent Jürgen K. Enninger in seiner Begrüßung formulierte, als »großer Sprung nach vorn in der Augsburger Galerienlandschaft« erweisen würde …
Aichacher Nachrichten vom 25.3.2023
Augsburger Allgemeine vom 13.7.2022
a3 Kultur schreibt zur Ausstellung "Im Bunker" von Veronika Veit: Schreckensvision aus der Zukunft oder nahe an der Realität? Die Videoinstallation »Bunker« von Veronika Veit fördert Unbehagliches zutage. Die Familie hat sich gegen die Außenwelt abgeschottet und abgesichert, Nahrungsmittel gehortet, und versucht möglichst unabhängig zu leben. Nur durch absolut reglementiertes Verhalten und äußerste Hygiene scheint es möglich, die Kontrolle zu behalten. Was nach Dystopie und in diesen Tagen doch erschreckend aktuell klingt, ist der Plot zu einer Videoinstallation, die ab 3. Juli bis 13. August in der Galerie »augsburg contemporary« im Stadtteil Göggingen zu sehen sein wird. Durch den »Bunkereingang« im Innenraum der Galerie, eine simulierte Bodenluke, gelingt den Besucher*innen der Blick auf den streng strukturierten Alltag einer isoliert lebenden Familie. Die Münchnerin Veronika Veit, geboren 1968, verbindet in ihren Skulpturen, Installationen und Filmen unterschiedliche Aspekte zu einem Entwurf von neuer Realität. Sie hinterfragt die Verlässlichkeit von sozialen aber auch physikalischen Systemen, sowohl in der digitalen, als auch in der materiellen Welt.
Augsburger Allgemeine vom 9.4.2022
Augsburger Allgemeine vom 16.6.2021
Augsburger Allgemeine vom 30.3.2021